Im Januar 1904 unternahm Georg Graf von Hertling, Präsident der Görres-Gesellschaft, im Auftrag der Reichsregierung eine Romreise. Darüber berichtet er pflichtschuldigste dem Reichskanzler Fürst Bernhard von Bülow folgende Details über Papst Pius X.:

"Euer Exzellenz sind über den Eindruck, welchen die Persönlichkeit Pius' X. hervorruft, und die markannte Verschiedenheit, die ihn von seinem Vorgänger Leo XIII. trennt, hinreichend unterrichtet, sodass ich nicht nötig habe, ausführlich darauf einzugehen. Dieser persönliche Eindruck, bei welchem grösste Einfachheit, Abwesenheit jedes eigenen Ehrgeizes und grosses, von Herzen kommendes Wohlwollen die hervorstechenden Züge sind, erhielt für mich wertvolle Ergänzungen durch Angaben, die mir von verschiedenen wohl unterrichteten Seiten zukamen.

Man sagt mir, Pius X., der als Hilfsgeistlicher, als Pfarrer, als Bischof jedesmal seinen Posten aufs beste ausgefüllt habe, werde auch als Papst an der rechten Stelle stehen. Man rühmt seinen praktischen Sinn, der ihn befähige, jede vor ihn gebrachte Angelegenheit sofort von der richtigen Seite aufzufassen. Dass er sich nicht um Politik kümmere, sei falsch, und würde ja auch in der Tat nicht ausführbar sein, allerdings aber gelte sein Interesse in erster Linie dem kirchlichen Leben. Dass er Mut und Festigkeit besitze, seine Auffassung auch gegen entgegenstehende Ansichten und Überlieferungen durchzusetzen, hat er schon jetzt im Kleinen, insbesondere gegenübber Einzelheiten der herkömmlichen Etikette zu zeigen Gelegenheit gehabt.

Nach dieser Richtung scheint mir auch eine Mitteilung des bekannten französischen Gelehrten, Msgr. Louis Duchesne nicht unwichtig, wonach der Papst sich gegen zuverlässige Ergebnisse der wissenschaftlichen Kritik keineswegs ablehnend verhält. In einer der hiesigen Kirchen wurden seit unvordenklichen Zeiten Reliquien aufbewahrt, welche nach der Grabschrift von der hl. Fortissima, eine römische Märtyrin aus dem fünften Jahrhundert, herrühren sollten, obwohl die Geschichte nichts davon weiss, dass noch in diesem Jahrhundert Christen in Rom den Märtyrertod erlitten hätten. Man machte den Papst darauf aufmerksam und dieser gab Befehl, die Gebeine in der Stille zu entfernen, und irgendwo in den Katakomben beizusetzen".  (Bundesarchiv Koblenz N 1036/56, fol. 27).

Bei Hertlings Romvisite ging es nicht zuletzt darum, die Arbeitsbedingungen des Römischen Instituts der Görres-Gesellschaft zu verbessern.