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"Ich gehe vor die Fassade: die Luft über dem Platze zittert: ein Meer ... Kopf an Kopf; Platz und die grosse Doppelstrasse an Stelle der früheren Borgo's, bis zur Engelsburg und dem Tiber sind gefüllt; im Vordergrunde blitzt es im Sonnenschein von Waffen. Aber oben kann man sich nicht halten; einmal steht man zu nahe unter der Loggia, um gut sehen zu können; man wird schier erdrückt, obwohl der Hauptstrom noch in der Basilika ist. Also zwänge ich mich wieder hinaus, gehe herum, komme an die Stufen vor der Fassade, wo bis zum spalierbildenden ital. Militär genug Platz ist.

Herrlich ist das alles: zum Platz zu die abkommendierten Teile der Garnison; alle Waffenteile; jeweils mit Standarte; die Offiziere in Gala und mit gezogenem Degen; eine Gruppe Lanzenreiter (zu Fuss), deren Fähnlein lustig im frischen Winde flattern; ihre goldenen Helme funkeln. Nun erscheinen oben vor der Fassade die päpstlichen Truppen; man präsentiert gegenseitig, die Kapellen intonieren die beiderseitigen Nationalhymnen. Ein buntes Bild; auf den Kolonnaden neben dem Vatikan ist alles voll; die rot-goldenen Uniformen der Nobelgarde leuchten jetzt dort auf; auf einer Tribüne versammeln sich die Fürsten und Diplomaten; dahinter sitzen an einem Fenster, deutlich erkennbar, Kronprinz Umberto und Gemahlin, der kostbare Kopfgeschmeide, ein Diadem, im Sonnenlicht nur so glitzert! Sie ist sehr fromm, benutzt freilich auch eifrig das Fernglas, um den Hl. Vater zu studieren (der Eifer, mit dem die Principessa alles mitgemacht hat, ist rührend; sie war bei jeder Sfumata dabei, bei dem ersten Segen usw.!) Nun trägt oben der Vessilifero der Römischen Kirche, ein Fürst so und so, die ehrwürdige Fahne auf die Loggia hinaus; die Fenster neben ihr füllen sich mit mitrageschmückten Häuptern (den Kardinälen und Bischöfen), zum Teil auch eifrig durch den Feldstecher schauend. Die Menge bejubelt von unten auch sie; es ist zwischen 1 und 1 1/2.

Nun kommt der Papst, dem die Hunderttausende huldigen; er setzt sich auf den Thron; der Kardinaldekan spricht nur schwer verständlich die Einleitungsgebete; dann der feierliche Akt der Krönung: ganz machtvoll; Kardinal Caccia-Dominioni, wie geboren für so etwas, nimmt die Tiara, da messerscharf dringt seine klare Stimme über den weiten Platz, der in Todesstille harrt, kurz, knapp, herrisch fast, fest und bestimmt: Accipe tiaram ... Scias te esse patrem principum et regum, rectorem orbis... vicarium Christi, cui est honor ... in saecula saeculorum. - Das ,Amen' hat der ganze Platz mitgesprochen; dann feierlich und gross, priesterlich mild der grosse Segen des Papstes; wir knien auf der Erde. Dann der Jubel; der Papst kommt nach vorne, dankt mit grossen Gesten und zieht sich zurück.

Langsam flutet nun die Menge davon; in allen klingt die Freude dieser weltweiten Stunde nach; hier regierte die Liebe und die Freiwilligkeit; 8 und 1/4 Stunde nach dem Abmarsch waren wir wieder in S. Anselmo. Wir hatten einem Akt beigewohnt, der seit 1845 nicht mehr so, und so machtvoll wohl noch nie, gefeiert worden war". (Ende)