Es ist zwar eine alte akademische Übung, Ulkartikel in seriöse Lexika einzustellen, aber manchmal ist auch einfach der Gegenstand selbst zum Schmunzeln. Es ist zwar nicht wahr, dass Theodor Klauser im ersten Band seines Jahrhundertlexikons "Reallexikon für Antike und Christentum" im Jahr 1950 beim Stichwort "A-lkoholismus" in rheinischer Bierlaune den Einfall hatte, das ganze auf die lange Bank zum Stichwort "T-runkenheit" zu schieben, um den Ruf des Lexikons nicht gleich mit dem ersten Band zu ruinieren, aber es ist eben auch nicht wahr, dass er bis zum Stichwort "Weingenuss" warten wollte.

Und jetzt, nach 74 Jahren, ist es, zumindest teilweise, endlich mit dem Buchstaben T soweit: 

Das Stichwort "Trunkenheit" ist jüngst in der 256. Lieferung des Lexikons erschienen und folgt unmittelbar auf die Stichworte "Trost" und "Trübsal", die doch irgendwie in innerer Verbundenheit mit der Trunkenheit zu würdigen sind. Allerdings kommt die Trunkenheit nicht über die ersten 10 Spalten hinaus, dann war der Druckbogen zu Ende, und jetzt müssen wir nochmal warten, bis der Rest gedruckt ist.

Bekannt ist zwar noch nicht der Autor (dessen Name wird erst zum Abschluss verraten), wohl aber die Gliederung des Artikels, und die ist ganz klassisch wie bei sämtlichen Artikeln des Reallexikons seit 1950 vorgegeben: Trunkenheit bei den Griechen und Römern, bei den antiken Juden, und, zum krönenden Abschluss, bei den antiken Christen, wobei es natürlich auch und vor allem um die Ablehnung von Trunkenheit geht.

Eine Kostprobe zu den schon gedruckten Griechen und Römern:

"Die Etrusker wiederum hatten die griech. Tradition des Symposiums übernommen, wobei sie auch Frauen bei ihren opulenten Gelagen willkommen hießen (...). Römische Autoren erkannten daher an, dass die Tadition der comissatio mit mäßigem Weingenuss nach dem Essen oder während der Nachspeise, in Verbindung mit vorgetragener Poesie oder gelehrten Beiträgen, Kränzen u. Parfümen, eine griech. Tradition war" (Sp.  1117). Soviel Tradition lieben die Römer!

Dann: "In den letzten beiden Jhh. der röm. Republik sind Verweise auf Wein u. Trunkenheit Bestandteile der Rhetorik einer durch Überkonsum u. übermäßigen Reichtum ausgelösten Krise" (Sp. 1118f.). Das kann man gut nachvollziehen, auch dies: "Wie Platon schätzt Seneca Wein als Mittel zur Erlangung oder Aufrechterhaltung eines höheren Bewusstseinszustands" (Sp. 1120).

Die Fortsetzung verspricht spannend zu werden.  Ich hoffe schwer, dass Bischof Paulinus von Nola zu Wort kommt, der seinen Gläubigen am Fest des Heiligen Felix zugerufen hat: weniger pocula - mehr miracula!  (carm. 27,580-595, in: CSEL 302, 288)