Josef Meyer zu Schlochtern und Johannes W. Vutz aus Paderborn haben im Aschendorff-Verlag einen hervorragenden Studienband über den seinerzeit hoch geehrten Paderborner Erzbischof Lorenz Jaeger (1892-1975) zusammengestellt. Konkreter Anlass war ein Komunalstreit 2015, ob man Jaeger die Paderborner Ehrenbürgerschaft wegen seiner angeblichen Nähe zum Nationalsozialismus aberkennen solle. Jaeger war seit 1941 Bischof an der Pader. Die hoch interessanten, sehr ausführlichen Beiträge von Arnold Otto, Hans-Walter Stork, Joachim Kuropka und anderen gehen die Fragen direkt an:

Wie ist die Archivlage angesichts der Kriegsverluste? Wie muss man Jaeger aufgrund seiner Biographie verstehen (etwa als Militärpfarrer im Zweiten Weltkrieg)? Wie und warum kam er überhaupt ins Bischpfsamt angesichts der Fronten von Vatikan und Reich (ein besonders interessantes, minutiös rekonstruiertes Kapitel)? Wie steht die heutige Kritik an Jaeger in der kirchenkritischen Pressetradition der 1960er Jahre?

Mit diesem - sauber redigierten und klug bebilderten - Band ist ein Meisterstück unaufgeregter Aufklärung gelungen. Am Ende war es eben so: Jaeger war kein Nazi, dazu war er viel zu konservativ. Der nationalsozialistische Mainstream mit der Verherrlichung des Fortschritts, der Technik (Kriegstechnik!), der Verkollektivierung der Erziehung, der Vermassung, den staatshörigen Medien und der sich humanistisch gebärdenden Euthanasie, wie es bis heute erstaunlich stark fortwirkt, waren ihm zutiefst zuwider. Aber ein Widerständler war er eben auch nicht.

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