Der Paderborner Ordinarius für Alte Kirchengeschichte und Patrologie Hubertus R. Drobner hat ein wahrhaft epochales Werk zur Chronologie der Predigten Augustins vorgelegt: 1.491 Seiten in 2 Bänden für 326 Euro. Drobner, der schon seit vielen Jahren die Predigten Augustins ins Deutsche übersetzt (siehe hier), kennt sich in der Materie aus.

In diesem Fall steckt eine über zehnjährige Herkulesaufgabe dahinter, insofern 583 authentische Augustinus-Predigten (von etwa 5000 bis 8000 von Augustinus gehaltenen, aber ansonsten nicht erhaltenen Predigten) verhandelt werden. Sie umfassen 40 Jahre Predigttätigkeit und geben damit einen hervorragenden Einblick in die theologische Entwicklung des Augustinus. 

Freilich ist dafür eine genaue Datierung erforderlich. Drobner gibt nun rigorose Kriterien für eine Datierung, die er in der Einleitung ausführlich diskutiert. Auf dieser Grundlage bespricht er dann für jede einzelne Predigt alle bisherigen Datierungsvorschläge und kommt sehr häufig zu dem Ergebnis, dass die Homilie weder sicher datiert noch lokalisiert werden kann. Der Leser findet aber für jede Predigt sämtliche bisherigen wissenschaftlichen Positionen, kann sich also letztlich selber eine Meinung bilden und dieser oder jener Auffassung folgen.

Wichtig sind dabei zuweilen theologische Debatten, etwa der Donatismus oder Pelagianismus, die den Zeitrahmen eingrenzen können, aber selbst hier sind sichere Aussagen nicht immer möglich. 

En passant behandelt Drobner auch liturgische Fragen (z.B. Pfingstvigil als Taufnacht, Traditio symboli), und ausführlich die zweifelhaften oder unechten Predigten 364-396.

Für die Hagiographie sind ca. 100 Fest-und Heiligenpredigten von Bedeutung. Hier kann natürlich meist der Monatstag des betreffenden Heiligenfestes angegeben werden, aber Jahr und Ort bleiben dennoch meist unbestimmt.

Sehr hilfreich ist das Sachregister, das auch für christliche Archäologen wichtige Stichworte bietet.

Schließlich ist das Vorwort erwähnenswert, in dem Drobner u.a. Dr. Bruno Hannöver OCist und PD Dr. Frank Sobiech dankt und dann zum Campo Santo Teutonico schreibt:

"Das Päpstliche Kolleg am Campo Santo Teutonico im Vatikan unter der Leitung von Rektor Prälat Dr. Hans-Peter Fischer hat mir schließlich während meines Forschungsfreisemesters von September 2020 bis April 2021 eine ungestörte und inspirierende Heimstätte im familiären Kreis gleichgesinnter Wissenschaftler und Mitbrüder geboten, ohne die das Buch sicher nicht mit so großer Feude, so reibungslos und so zügig fertiggestellt worden wäre".

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