Pater Augustinus Sander aus der Benediktinerabtei Maria Laach, derzeit bei Kardinal Kurt Koch am Dikasterium für die Einheit der Christen für den lutherisch-katholischen Dialog zuständig, hat im neuesten Band des Handbuchs "Gottesdienst der Kirche" (2022, S. 110-147) einen grundlegenden Beitrag über den Gottesdienst im Luthertum geschrieben.

Sander unterscheidet zwischen dem Luthertum der erste Phase, dem konfessorischen Luthertum der Bekenntnisschriften (Confessio Augustana, Melanchthon), dem konfessionellen Luthertum des 17./18. Jahrhunderts und dem protestantischen Luthertum der Union (mit den Calvinisten) von 1817. Diese Entwicklung führt zu einer fortlaufenden Ausdünnung der sakramental-liturgischen Substanz und hat die Wahrnehmung dessen, was heute als "lutherisch" gilt und sich vermeintlich auf Luther berufen kann, nachhaltig verändert.

Ab deutlichsten wird dieser schleichende Prozess durch ein Fallbeispiel: die detaillierte und höchst bemerkenswerte Beschreibung lutherischer Gottesdienste in Eisenach und Wittenberg durch den ehemaligen Benediktiner und reformierten Theologe Wolfgang Musculus ("Mäuslin") im Jahr 1536, als im ganz frühen Luthertum. Hier sieht man an der liturgischen Praxis, wie stark das frühe Luthertum tatsächlich der katholischen Tradition verbunden war und bleiben wollte. 

Sander versteht es, auf wenigen Seiten die zentrale Bedeutung des Kultes und liturgischen Amtes in der Frühzeit des Luthertums und die allmähliche Transformation darzustellen und damit dem - nicht nur in katholischen Kreisen - verbreiteten Irrtum entgegenzutreten, Luther und die ersten Generationen des Luthertums haben eine Abschaffung von (Weihe-)Amt und (Real-)Sakrament betrieben.

Die 40 Seiten Lektüre ersetzt einen ganzen Vorlesungszyklus ökumenischer Theologiegeschichte. Dazu werden reichhaltige Literaturhinweise gegeben.   

Handbuch

Pater Sander predigt zu Peter und Paul am 25. Juni um 10 Uhr in der Christuskirche in Rom.