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"Dann kam heute der Tag der Coronatio; Tage der Angst haben wir vorher zugebracht, werden wir wohl Billette bekommen? denn der Andrang war ungeheuerlich! Aber wir bekamen schliesslich alle eines. Ich zog morgens schon um 6 aus dem Hause; in wunderbarer goldener Pracht zeigt sich der Morgenhimmel, verspricht einen Tag, wie er für die Krönung sein muss, nachdem in den letzten Tagen das Wetter launisch gewesen.

Schon bald sehe ich Gruppen von suore nicht gehen, sondern laufen! Die Aermsten! Die alten Schwestern kommen kaum mit, aber die vorderen [...] fliegen unbeirrt weiter; alles nach S. Peter zu. Auch in der Tram sitzen die guten Propeller-Nonnen mit ihren Schützlingen, diese lustig und laut, jene asketisch schweigend. Bei Ponte Mazzini sehen wir schon die ersten militärischen Absperrungen; frierend stehen die Soldaten da; vor dem Ponte Vittorio Emanuele müssen wir die Tram schon verlassen; dort schon, also bereits auf dieser Seite des Tiber sind die ersten Kontrollen der Billette.

Je nach dem Cancello, durch das man in die Kirche eintritt, muss man schon eine andere Strasse hier einschlagen. Wir gehen durch Borgo S. Spirito, müssen dann abbiegen, durch Via della Conciliazione und endlich durch die Kolonnaden. Ueberall starke Truppenposten, Metropolitan-Verkehrspolizei und Carabinieri; freundlich fordert man die Billette und quittiert mit liebenswürdigem Lächeln; der Petersplatz ist fast ganz leer; nur die Ketten der graugrünen Soldaten ziehen sich über ihn; Zelte mit der Roten Kreuz Fahne sind in der Mitte und neben den Kolonnaden; daneben Sanitätsautos;

die Menge zieht, nein läuft (nicht übertrieben!) im Trab durch die Kolonnaden; im Sturmschritt neben mir amerikanische Kleriker, ohne Hut, mit der Kamera in der Hand; die Frauen mit Schleier; da, festfrohe Parademusik; mit Tam-Tam zieht die Palatingarde die Stufen von S. Peter hinauf; das erste Morgenlicht färbt Kuppel und Fassade; es ist 6.35. Immer wieder Militär und Carabinieri; hohe Polizeichargen; baumlange Infanterieoffiziere mit Monokel im Auge;

von der Nebenstrasse (vom Hl. Offizium her) hört man jetzt auch die dorther geleiteten Autos; wir passieren die erste päpstliche Kontrolle; drinnen hinter der Sakristei wimmelt es schon von Autos; hinein, schnell, schnell. Da tauchen auch schon die hohen Bärenmützen der päpstl. Gendarme auf; drinnen ist's schon ziemlich voll; aber ich bekomme doch noch einen guten Sitzplatz: 6.40. Dann verbrachte ich die Zeit bis zur Ankunft des Papstes mit Laudesbeten etc., Thomasstudium (nach P. Damasuskomm.) und sonstigem, da mein Platz nicht langte, um all die Herrlichkeiten der einziehenden Diplomaten und Missionen zu bewundern; ich konnte gut den Altar sehen und alles was dort vor sich ging; etwas um die Ecke schilend sah ich auch ein bisschen vom Thron der Non, der neben dem Altar Gregors d. G., unter dem Grabmal Pius' VII., stand".