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(zur 1. Folge)

"Am Tage nach der Beisetzung (von Pius XI.) war ich auch unter den ersten am Grabe Pius' XI. unmittelbar neben Pius X., sehr stimmungsvoll, das gute Volk betete laut sein De profundis unten, auch in den nächsten Tagen unermüdlich dort; dann kam die Zeit der Sedisvakanz; ich stand "Schlange", stundenlang, um nur einige der päpstlichen Freimarken zu erobern. Das Geschwätz aber war furchtbar; jeder Kardinal, der als Kandidat genannt wurde, wurde möglichst bald nach allen Regeln durch den "Kakao" gezogen;

so hiess es einmal, Pacelli habe alle Aussichten verloren, weil er den Papst ohne Sakramente habe sterben lassen (so das Gerücht; die Wahrheit: dass es so gerade noch gut ging) und weil er mit Deutschland Fiasko gemacht habe. Gut, dass diese Zeit des Schwätzens und der Menschlichkeiten bald aufhörte; die Spannung wurde immer grösser. Wir sahen die Vorbereitungen insofern aus nächster Nähe als Kard. Seredi bei uns wohnte, einfach, leutselig, unter den Professoren fast noch wie der Professor von einst. 

Dann der Beginn des Konklaves; Einzug sah ich nicht, da diese Billete für gewöhnliche Sterbliche unerreichbar waren; ich kalkulierte dann so: zur ersten "Sfumata" gehe ich, um auf jeden Fall eine gesehen zu haben; dann schenke ich mir die 2. & 3., um von da an zu allen zu gehen (denn ich war sehr im Druck mit der Arbeit). Also: hin; um 11 ist der Platz schon gut besetzt; strahlendes Frühlingswetter; hinter den Kollonaden flattert die Rote Kreuzfahe einer Rettungsstation; Militär besorgt die Absperrungen; alles wartet geduldig; ein Lautsprecher unterhält uns; schildert den Eindruck, den die Menge macht, beschreibt die Riten bei der Wahl, all das in sehr würdiger und auch zuweilen ausgesprochen religiöser Art;

da! um 12.19 kommt aus dem Kamin, dem sehr dünnen und schmalen, den alle ununterbrochen anstarren, ein Wölklein: es ist deutlich weiss; sofort erhebt sich ein Händeklatschen in der Menge; aber zu früh, denn der Rauch mehrt sich, immer dichter schwelt er dunkelgelblich, ohne aber zumal in der klaren Sonne je schwarz zu sein, empor; also nichts; eine leichte Enttäuschung; denn so ein wenig lag es in der Luft, dass der Papst beim ersten Wahlgang gewählt würde; so die Weissagungen, mit denen wir überschüttet wurden; zumal P. Rektor vertraute ihnen sehr! Er hatte noch in der Nacht geträumt, Kard. Pacelli sei beim ersten Gang mit 50 Stimmen gewählt worden."