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In der Regel rümpfen die Zeitgenossen die Nase, wenn sie vom Domkapitel hören, und halten das für eine überflüssige Einrichtung. Dabei wird die überragende Bedeutung der Dome für die Seelsorge in den Bischofsstädten bei weitem unterschätzt. Es ist ein modernes Vorurteil, nur Pfarrer oder Ordensleute seien Seelsorger, denn über Jahrhunderte hinweg waren gerade die Domherren das Rückgrat der kirchlichen Pastoral, Bildung und Kultur und haben gerade in diesen Bereichen viel investiert. In heutigen Zeiten der Pfarrschließungen sollte man sich daran wieder erinnern. Daher ist es äußerst begrüßenswert, wenn nun ein Buch  über Das Domkapitel Trier im Mittelalter und in der frühen Neuzeit (2018) erschienen ist (hg. von Domprobst Werner Rössel).

Herausgegriffen sei - nach der Rezension von Maik Schmerbauch in der Zeitschrift für Kirchengeschichte - der lange Beitrag des Trierer Liturgikers Andreas Heinz über das kirchlich-religiöse Leben an der Trierer Domkirche: "Die karolingische Reform wurde auch in Trier breit rezipiert und der Trierer Dom bekam bereits im elften Jahrhundert die Konturen seines heutigen Aussehens. Trier wurde letztlich nicht reformatorisch und setzte in der Folge die Beschlüsse des Trienter Konzils um. ... Der Autor beschreibt ausführlich die Formen der täglichen (!) mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Liturgie am Dom und die Vielfalt der Altäre sowie die ausgeprägte Prozessionskultur. Er konstatiert, dass bis Ende des 18. Jahrhunderts (!) der Dom ein Haus des innigen Gebetes für die Gläubigen war". Der Band behandelt auch - nicht minder wichtig für die zentrale Seelsorge - die Bruderschaften, die mit ihren Stiftungen (wo gibt es das heute noch??) das liturgische Leben am Dom bereicherten (Bernhard Schneider). Michael Embach behandelt die Trierer Domschule, die noch bis ins 18. Jahrhundert aufrecht erhalten wurde, wozu die Domherren selber als Professoren wirkten.

Es ist zu wünschen, dass noch zahlreiche andere Domkapitel solche Studien fördern und ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen.