Es folgen Plaudereien des Camposantiners Paul Maria Baumgarten über Aufregungen während des Konklaves, das Anfang August 1903 nach dem Tod des greisen Papstes Leos XIII. zusammentrat. Damals wurden die Kardinäle noch regelrecht im Apostolischen Palast eingeschlossen.

„Wenn der Cardinal Camerlengo für die Zucht, Ruhe und Ordnung innerhalb des Conclave verantwortlich ist, so handhabt der Conclavemarschall die äußere Sicherheit und strenge Abschliessung von Thüren und Fenstern, um jeden Verkehr mit der Aussenwelt zu unterbinden.
Das Amt eines Conclavemarschalls ist in der fürstlichen Familie Chigi erblich und im Jahre 1903 war Don Mario Chigi Marschall. Rund um den vaticanischen Palast hatte er seine Wachen aufgestellt, die bei Tage die Fenster genau bewachen und bei Nacht auf etwaige Lichtzeichen zu achten hatten.

Daß diese Wachen scharf aufpassten, hat der Cardinal Couillé von Lyon merken können. Ruhig Brevier betend saß er in seiner Zelle, als ein Geistlicher ganz hinter Athem zu ihm hereinstürmte und sagte: ,Eminenz, an Ihrem Fenster weht eine weisse Fahne die ein Signal zu sein scheint. Man ist gekommen, uns darauf aufmerksam zu machen‘. ,Monsignore‘, antwortete der Cardinal in aller Ruhe, ,ich versichere Ihnen, daß an meinem Fenster keine weisse Fahne weht‘. Als man auf Stühle kletterte, um die Sache zu untersuchen, ergab es sich, daß der Cardinal vollkommen unschuldig war.

Aber an dem darüber liegenden Fenster befand sich der weisse Gegenstand. Der dort wohnende Cardinal schwitzte in den heissen Augusttagen sehr stark, und da hatte er ein Hemd zum Trocknen an die Sonne gehängt, in dessen Falten sich aber kein schuldiges Geheimnis barg“ (AAV Carte Baumgarten).